Parken ist in der Gemeinde Brechen ein Problem

Mehr Kontrollen – das wünschen sich manche Brechener.

Autofahrer, die anderen Prügel androhen, keine Chance, aus der eigenen Einfahrt zu kommen, egoistisches Parken: Das ist in Brechen keine Seltenheit. Nur einige Erfahrungen, die beim Verkehrsforum zur Sprache kamen.

Nassausiche Neue Presse vom 23.02.2018 von Petra Hackert

Brechen. Wenn er aus seiner Einfahrt fahren will, kommt er nicht auf die Limburger Straße. Zu viel Verkehr. Deshalb stellt Heinz-Dieter Basquitt sein Auto frühzeitig auf den Parkstreifen am Straßenrand. Der ist dann zwar belegt, obwohl er es nicht sein müsste. Dafür kann Basquitt seinen Wagen relativ problemlos in den fließenden Verkehr einfädeln. Aber er muss sein Auto beizeiten auf den Streifen stellen. „Wenn Du nicht früh genug draußen bist, hast Du keine Chance. Dann kommst Du nicht mehr auf die Straße“, erzählt er. Das ist kein Einzelfall. Weitere Anlieger der Limburger Straße in Niederbrechen kennen das so.

Alles zugeparkt

In den Straßen rund um die Kirche in Oberbrechen werde geparkt, als ob es keine Regeln gebe, berichtet Ismail Erden. „Feuerwehr-Fahrzeuge kämen da nicht mehr durch. Ich weiß nicht, ob das den Leuten bewusst ist. Oft komme ich nicht aus meiner Einfahrt, weil alles zugeparkt wird.“ Wenn man jemanden darauf anspreche, führe das zu Ärger. „Mir wurden schon Prügel angedroht. Meine Toleranzschwelle ist erreicht“, sagt Erden.

Als Bürgermeister Frank Groos einen Falschparker fotografierte, wurde er sofort angesprochen: „Warum machen Sie das?“ – „Ich habe gesagt, was soll ich denn tun? Wenn ich nichts mache, dann heißt es, der Bürgermeister hat die Hände im Säckel und schaut weg. Wenn ich etwas tue, ist es auch ärgerlich.“

Nur drei Beispiele, die zeigen: Brechen hat ein Verkehrsproblem. Vorrangig mit dem Parken. Oliver Moschner-Schweder formuliert es so: „Wir haben eine ganz eigene Parkraumbewirtschaftung: Wo ein Auto stehen kann, da steht eins.“

Externe Hilfe

Alles Aussagen aus dem Verkehrsforum der Gemeinde am Mittwochabend in der Niederbrechener Kulturhalle. Die Kommune weiß, dass sie etwas tun muss und hat sich externe Hilfe geholt. Karin Weber vom Büro für Stadt- und Verkehrsplanung in Darmstadt ist gerade dabei, die Dinge zu strukturieren. Will heißen: Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern war sie mehrere Tage vor Ort, hat sich die Parksituation in den drei Ortsteilen angeschaut. Nächster Schritt ist das Gespräch mit den Bürgern, zu dem jetzt 120 Interessierte gekommen sind. Am Anfang werden Erfahrungen ausgetauscht, dann kleine Arbeitsgruppen gebildet, um in die Analyse zu gehen. Am Ende wird ein Verkehrskonzept stehen, an dem die Brechener mitgewirkt haben. Das ist nicht einfach, wissen auch die Beteiligten. Rüdiger Abel berichtet: „Ich habe schon über 100 Unterschriften gegen die Raserei in der verkehrsberuhigten oberen Rathausstraße gesammelt.“ Die Leute haben gerne unterschrieben. Doch geändert hat sich nichts. Oder doch? Seit der Parkplatz „Festplatz“ kostenfrei ist, habe sich die Situation im Bereich der Turnhalle entschärft, sagt Christel Poppe. Sie wohnt dort und hat es selbst erlebt. Andere steuern weitere Negativ-Beispiele an. Auszüge daraus:

  Umgehung: Die Ampel an der Kreuzung der B 8 zur Villmarer Straße in Niederbrechen werde umfahren sobald nur zwei Autos bei Rot davor stünden. Die Nebenstraßen erhielten mehr Verkehr. Es sei zu eng und es werde zu schnell gefahren.

  Geschäfte: Oft blockierten Dauerparker die wenigen Parkplätze direkt vor den Geschäften, die für Kunden oder Anlieferungen nötiger gebraucht würden.

  Bürgersteige: An einigen Stellen werde komplett ignoriert, dass dort das Parken verboten ist. Manche Trottoirs werden auf der ganzen Breite zugeparkt.

  Garagen: Einige werden als Abstellraum genutzt, während das Auto auf der Straße steht.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Heiko Ewald, Vorsitzender der Bürgerinitiative Pro-B-8-Umgehung bestätigt eine ganze Reihe der Beobachtungen und verteilt Aufkleber, die zum Umdenken auffordern sollen. Denn was nützen die schönsten Regeln, wenn sie nicht befolgt werden?

„Eben nur mal kurz . . .“

Die Erfahrung hat auch Edmond Heinrichs gemacht. „Ich bin oft zu Fuß unterwegs, und die Falschparker stehen überall“, sagt er. Und ergänzt: Oft höre er, man wolle „eben nur mal kurz . . .“ Er habe auch schon gefragt, warum sich jemand auf den Bürgersteig stelle statt auf die Straße, wo es erlaubt ist. „Aber die Autos brauchen doch Platz“, sei die Antwort gewesen. Die, die fahren, sind gemeint. „Was ist denn wichtiger, der Fußgänger oder der Autofahrer?“, fragt Heinrichs. Eine Bemerkung, mit der er immer wieder angeeckt sei.

Kommentar: Umdenken tut not

Was nützen Regeln, wenn sie nicht eingehalten werden? Beim Bürgerforum zum Thema Verkehr kam schnell die Forderung nach stärkerer Kontrolle auf. Das ist richtig: Wenn nichts hilft, dann muss eben auf diese Weise gelernt werden. Etwas anderes ist die Situation an der Limburger Straße, die zeigt: Der Egoismus und die Borniertheit im Straßenverkehr sind manchmal so groß, dass Anlieger ihre Einfahrt nicht verlassen können, um auf die B 8 zu gelangen. Dies nur, weil sie rückwärts herausfahren müssen und der Verkehr so stark zugenommen hat, dass es keine Lücken mehr gibt. Kontrollen sind wichtig, umdenken besser. Eine häufige Erfahrung: Wer immer wieder Autofahrer einbiegen oder abbiegen lässt, erntet ein Hupkonzert von hinten. Das ist schade. Wenige Sekunden, die scheinbar verloren gehen, aber bei vorausschauendem Fahren allen helfen. So sieht es auch die Straßenverkehrsordnung vor. Da gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Rücksichtnahme. Deshalb: Sich der Probleme bewusst werden ist der erste Schritt. Zur Lösung kann nur ein Umdenken führen, denn die Verkehrsbelastung wird (vorerst) nicht weniger werden.

Zehn Arbeitskreise haben die Probleme benannt

Der Bestandsaufnahme folgte der Bürgerworkshop: Wegen der hohen Teilnehmerzahl beim Verkehrsforum wurden am Mittwochabend zehn Arbeitsgruppen gebildet mit Themenschwerpunkten wie zum Beispiel die Parksituation im Unterdorf, an der B 8 oder auch in den Ortskernen von Niederbrechen und Oberbrechen. Darüber hinaus wurde auch Raum für die Problematik des fließenden Verkehrs gegeben.

So hat sich eine Arbeitsgruppe beispielsweise Gedanken gemacht, wie man die „Schleichwege“, die zur Umfahrung der Ampelkreuzung genutzt werden, für eine Umfahrung unattraktiv machen könnte. „Bemerkenswert fand ich, dass ganz oft eingeräumt wurde, dass wir alle ein gerüttelt Maß an Eigenverantwortung an der Verkehrssituation haben. Alleine das ins Bewusstsein zu bringen ist schon ein erster, guter Schritt in Richtung Lösung“, wertet Bürgermeister Frank Groos. Durch alle Arbeitsgruppen zog sich die Vorstellung, dass Regelverstöße konsequenter geahndet werden müssten.

Es wurden Anregungen zur Ausweisung von Parkflächen, Tempo 30 Zonen, zeitlich begrenzte Parkzonen eingebracht. Dabei stellte sich auch die Frage, ob man die Schaffung von zusätzlichen Stellplätzen durch Anreize fördern könnte. „Ein erstes einfaches Mittel könnte auch eine Kampagne der Gemeinde sein, in dem über unsere Homepage, den Print- und Sozialen Medien und auch durch das Verteilen von Flyern die Bürgerinnen und Bürger auf gewisse Regeln hingewiesen werden“, so der Bürgermeister. (pp)

Am Ende steht ein Parkraumkonzept

Das Verkehrsforum am Mittwochabend in Niederbrechen war nur der Auftakt. Ortskernbelebung und Verkehrsaufkommen stünden sich oft diametral gegenüber, berichtete der Brechener Bürgermeister Frank Groos. Allerdings: Die Gemeinde hat bereits erste Maßnahmen ergriffen. Das Parken auf dem Festplatz/Jahnstraße in Niederbrechen ist frei. Aber auch: Die Parkplätze direkt am Bahnhof sind zwar kostenpflichtig, doch das ist leistbar. „Fünf Euro im Monat, das ist nicht die Welt“, sagt Frank Groos. Wäre es nicht sinnvoll, für 16 Cent am Tag einen solchen Parkplatz zu mieten, statt zur allgemeinen Verkehrsbelastung beizutragen? „Wir werden das Problem heute nicht lösen, aber ein Fundament schaffen“, war sich der Bürgermeister sicher. Ein erster Schritt waren die Daten der Bachelorarbeit von Tim Schneider, die erste Ansätze geliefert hatte (die NNP berichtete). Die Analyse der Stadtplaner wird intensiver ausfallen. Die Lokalisierung und Charakterisierung der Probleme sind die nächsten Schritte. Am Ende steht ein Parkraumkonzept. (pp)